20. November Mangelernährung – die stille Tragödie
Etwa ein Drittel der über 11 Millionen Krankenhauspatienten in Deutschland ist aktuellen Schätzungen zufolge mangelernährt. Das entspricht drei bis vier Millionen Menschen – etwa 5% der erwachsenen Bevölkerung. Hinter dieser nüchternen Zahl verbirgt sich eine gesellschaftliche Tragödie. Während sich die Situation mangelernährter Menschen in Kliniken langsam – im Grunde zu langsam – verbessert, ist die Situation der betroffenen, vorwiegend geriatrischen Patienten nach der Entlassung fatal: eine ambulante Ernährungstherapie durch Fachkräfte wird von den Krankenkassen noch immer maximal als Goodwill-Maßnahme teilfinanziert.
Die „Malnutrition Awareness Week“ (MAW) ist eine weltweite Kampagne, die sich der krankheitsbedingten Mangelernährung und ihren Folgen widmet. Für die diesjährige Aktion während der vergangenen Woche hatte sich die DGEM (Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin) als wichtigster Deutscher Partner gemeinsam mit weiteren Kooperationspartnern zum Ziel gesetzt, Fachpublikum, politische und gesellschaftliche Entscheidungsträger, Betroffene und Interessierte zu informieren und aktiv in die Diskussion einzubinden.
Das ist leider misslungen. Das Angebot der DGEM zum Thema war dürftig. Medien und Politik haben es ignoriert, Betroffene und Interessierte haben es gar nicht erst wahrgenommen. Berufs- und Fachgverbände haben sich allenfalls mit der einen oder anderen Pressemeldung beteiligt. Ein Komplettversagen, das für die Betroffenen dramatisch ist, weil weiterhin nichts passieren wird. Oer anders ausgedrückt: Sie werden weiter alleine gelassen mit Ihrem Leiden. Um die Lage dieser Menschn sichtbarer zu machen, müssten Fach- und Berufsverbände der Ernährungsfachkräfte, Ernährungsmediziner und medizinische Fachgesellschaft ihre Stimme erheben. Eine zweifellos gut gemeinte, aber wirkunslose „Malnutrition Awareness Week“ ist da weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein.
Dr. Friedhelm Mühleib
Illustration: KI